Neue EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz

Neue EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz

Schon seit 2017 gibt es in Deutschland ein Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG). Damit sollte die Vergütung für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit angeglichen werden. Da dieses Ziel bisher noch nicht erreicht wurde, gibt die Europäische Union (EU) eine strengere Richtlinie vor, die bis zum Sommer 2026 umgesetzt sein muss.

Strengere Richtlinie

Sieben Jahre nach der Einführung des ersten Entgelttransparenzgesetzes besteht der sog. Gender-Pay-Gap noch immer. Die neue EU-Entgelttransparenzrichtlinie soll nun dazu beitragen, die Wirksamkeit bisheriger nationaler Entgelttransparenzgesetze zu erhöhen und den Lohnabstand zwischen Männern und Frauen weiter zu verkleinern oder idealerweise ganz aufzuheben. Dazu wurde schon im Jahr 2023 die Richtlinie (EU) 2023/970 verabschiedet, die die EU-Mitgliedstaaten bis zum 7. Juni 2026 in nationales Recht umsetzen müssen.

Aufgrund der aktuellen politischen Situation wird es sicher noch dauern, bis das entsprechende deutsche Gesetz auf den Weg kommt – allerdings haben die Arbeitgeber dann nicht mehr viel Zeit zur Umsetzung. Die EU-Richtlinie sieht im Vergleich zu den aktuellen Regelungen des EntgTranspG einige, z. T. deutliche Verschärfungen vor. Grund genug, sich bereits jetzt mit der EU-Richtlinie vertraut zu machen, die zusammengefasst Maßnahmen für eine verbesserte Entgelttransparenz vorsieht und Opfern von diesbezüglicher Diskriminierung einen besseren Zugang zur Justiz gewähren soll.

Transparenz bereits vor Tätigkeitsaufnahme

Während das EntgTranspG grundsätzlich erst mit Beginn des Arbeitsverhältnisses anzuwenden ist, begründet die neue EU-Richtlinie ein Recht auf Entgelttransparenz bereits im Bewerbungsverfahren. Um auszuschließen, dass Gehälter geschlechtsspezifisch vereinbart werden, soll das Einstiegsgehalt für die ausgeschriebene Stelle zukünftig schon vor Tätigkeitsbeginn transparent gemacht werden. Arbeitgeber werden verpflichtet, allen Bewerbern rechtzeitige und umfassende Informationen über das Einstiegsgehalt bzw. den Gehaltsrahmen für die betreffende Stelle sowie die Bestimmungen eines anwendbaren Tarifvertrags zur Verfügung zu stellen. Die finanziellen Rahmenbedingungen sollen entweder bereits in der Stellenanzeige angegeben oder auf andere Weise vorab mitgeteilt werden, damit alle Bewerber vor einer Vertragsunterzeichnung sachgerechte und transparente Gehaltsverhandlungen führen können – eine vergleichbare Regelung gibt es bisher im deutschen Arbeitsrecht nicht.

Der Grundsatz der Vertragsfreiheit besteht dabei insofern, als die Parteien auch Gehälter über dem zunächst angegebenen Vergütungsrahmen aushandeln können.

Praxistipp:

Diese Informationspflicht wird alle Arbeitgeber treffen, unabhängig von der Betriebsgröße oder der Anzahl der Beschäftigten.

Erweiterte Informationspflichten

Auch während des Arbeitsverhältnisses werden die Informationspflichten durch die neue EntgTranspRL erweitert – und zwar für alle Arbeitgeber unabhängig von der Mitarbeiterzahl, also auch für Kleinunternehmen. Zukünftig werden Arbeitgeber ihre Mitarbeiter unaufgefordert darüber informieren müssen, welche objektiven, geschlechtsneutralen Kriterien angewendet werden für die Festlegung

  • des Entgelts,
  • der Entgelthöhen und
  • der zukünftigen Entwicklung des jeweiligen Gehalts.

Wie diese Informationen zur Verfügung gestellt werden müssen, regelt die EntgTranspRL nicht – diese Verfahrensregeln kann der deutsche Gesetzgeber vorgeben.

Hinweis:

Jeder Mitgliedstaat kann hierfür in der nationalen Gesetzgebung eine Ausnahmeregelung für Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern schaffen – es bleibt abzuwarten, ob der deutsche Gesetzgeber davon Gebrauch macht.

So oder so, die zukünftigen Informationspflichten führen zu einer deutlichen Verschärfung der bisherigen Rechtslage, denn derzeit müssen Arbeitgeber Auskünfte nur auf Anfrage erteilen und dies auch nur in Betrieben mit mindestens 200 Beschäftigten.

Individueller Auskunftsanspruch

Neben dem allgemeinen sieht die neue EU-Richtlinie auch einen individuellen Auskunftsanspruch für alle Mitarbeiter vor, der deutlich über die bestehenden Regelungen des deutschen EntgTranspG hinausgeht. Zukünftig sollen Arbeitgeber jeder Größe auf Verlangen innerhalb von zwei Monaten schriftlich Auskunft erteilen über

  • die individuelle Entgelthöhe und
  • die durchschnittlichen Entgelthöhen für die Gruppen von Mitarbeitern, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten, aufgeschlüsselt nach Geschlecht.

Zudem wird jeder Arbeitgeber verpflichtet, seine Beschäftigten jährlich auf ihren Auskunftsanspruch hinzuweisen.

Gemeinsame Entgeltbewertung

Für wenig Freude wird auch die neue Pflicht zur Vornahme einer gemeinsamen Entgeltbewertung sorgen – ein Instrument, das es bisher im deutschen Arbeitsrecht nicht gibt. Vereinfacht gesagt soll nach einem vorgegebenen Verfahren

  • in Betrieben, in denen ein Lohngefälle zwischen den Geschlechtern von über fünf Prozent festgestellt wird,
  • wenn der Arbeitgeber dieses Gefälle nicht durch objektive Kriterien nachvollziehbar begründen kann und
  • er es nicht innerhalb von sechs Monaten ändert,

eine gemeinsame Entgeltbewertung von Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretung erfolgen. Danach sollen Maßnahmen festgelegt werden, um die festgestellten Entgeltunterschiede anzugleichen. Die gemeinsam erarbeitete Entgeltbewertung soll der Arbeitgeber dann den Mitarbeitern, dem Betriebsrat sowie einer neu zu schaffenden Überwachungsstelle übermitteln.

Hinweis:

Auch die weiteren Berichtspflichten der Arbeitgeber werden inhaltlich und auf alle Betriebe mit mindestens 100 Mitarbeitern ausgeweitet.

Schadenersatz und Entschädigungen

Soweit Mitarbeiter oder Bewerber Hinweise auf eine unmittelbare oder mittelbare Entgeltdiskriminierung glaubhaft machen können, soll eine Beweislastumkehr gelten. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber darlegen und nachweisen, dass keine Diskriminierung vorliegt.

Im Diskriminierungsfall können Mitarbeiter sowohl Schadenersatz geltend machen als auch eine – künftig in der Höhe unbeschränkte – Entschädigung erhalten. Dazu gehören

  • die vollständige Nachzahlung entgangener Entgelte einschließlich evtl. Prämien, Bonuszahlungen etc. sowie
  • Schadenersatz für entgangene Chancen und immaterielle Schäden und
  • Verzugszinsen.

Zusätzlich können die nationalen gesetzlichen Regelungen weitere Geldbußen und Sanktionen enthalten, die bisher im EntgTranspG nicht enthalten sind.

Wie lautet das Fazit?

Auch wenn die neuen Regelungen voraussichtlich erst im Sommer 2026 umgesetzt werden, sollten Arbeitgeber sich frühzeitig auf die zu erwartenden Änderungen einstellen und ihre Vergütungssysteme auf geschlechtsspezifisch nachteilige Kriterien überprüfen.

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