Höhere Jobchancen auch ohne Berufsabschluss
Seit dem 1. Januar 2025 gibt es für Personen ohne formalen Berufsabschluss sowie für solche, die außerhalb ihres erlernten Ausbildungsberufs tätig sind, ein gesetzlich festgelegtes Verfahren zur Anerkennung und Zertifizierung ihrer beruflichen Kompetenzen.
Viele Erwerbstätige haben während ihres Arbeitslebens zwar berufliches Wissen und Fertigkeiten erworben, können jedoch z. B. in Bewerbungsverfahren keine Prüfungszeugnisse oder Nachweise darüber vorlegen. Das betrifft vor allem Quereinsteiger und Ungelernte. Im Rahmen des neuen Verfahrens haben diese Personen nun die Möglichkeit, ihre beruflichen Fähigkeiten bewerten zu lassen und damit ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen.
Hinweis:
Die hier beschriebenen Regelungen ergeben sich aus dem Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) sowie der dazugehörigen Berufsbildungsfeststellungsverfahrensverordnung (BBFVerfV).
Was wird vorausgesetzt?
Die Voraussetzungen zur Teilnahme am beruflichen Validierungsverfahren sind
- Mindestalter 25 Jahre,
- kein Berufsabschluss im Referenzberuf,
- nicht in einem Berufsausbildungsverhältnis im Referenzberuf stehend,
- Berufserfahrung im Referenzberuf über mindestens die 1,5-fache Regelausbildungszeit,
- Wohnsitz in Deutschland. Alternative: Mindestens die Hälfte der geforderten Berufstätigkeit muss in Deutschland ausgeübt worden sein.
Hinweis:
Das gesamte Anerkennungsverfahren wird ausschließlich auf Deutsch durchgeführt. Bei Sprachbarrieren beraten die jeweiligen Kammern vor Ort.
Erforderliche Dokumente
Um einen Antrag auf Berufsanerkennung stellen zu können, müssen üblicherweise folgende Dokumente (ggf. zuvor ins Deutsche übersetzt) vorgelegt werden:
- Identitätsnachweis (z. B. Personalausweis, Reisepass)
- Wohnsitznachweis (z. B. Meldebescheinigung, Aufenthaltstitel)
- Angaben zur Berufserfahrung im Referenzberuf (z. B. aktueller Lebenslauf)
- Nachweise über den Erwerb der beruflichen Handlungsfähigkeit (z. B. Arbeitszeugnisse, Fortbildungsnachweise)

Verfahren und Möglichkeiten
Bei den zuständigen Stellen, in der Regel der örtlichen Handwerkskammer, ist ein kostenpflichtiger „Antrag auf Feststellung der vollständigen oder teilweisen Vergleichbarkeit der individuellen beruflichen Handlungsfähigkeit“ zu stellen. Weiterhin müssen der Referenzberuf, zumeist ein dualer Ausbildungsberuf, benannt sowie die individuellen beruflichen Fähigkeiten und Erfahrungen nachgewiesen werden.
Die zuständige Stelle prüft den eingereichten Antrag und kann sog. Feststellungsinstrumente vorgeben. Das sind etwa praktische Aufgaben, um die berufliche Handlungsfähigkeit im gesamten Berufsbild oder in überwiegenden Teilen zu ermitteln (§ 3 BBFVerfV). Für Menschen mit Behinderung gelten gesonderte Regelungen.
Kann keine Vergleichbarkeit festgestellt werden, wird der Antrag abgelehnt. Er kann frühestens nach Ablauf von zwölf Monaten erneut gestellt werden, sofern er sich auf weitere oder neue Tatsachen, insbesondere auf zusätzliche Tätigkeiten im Referenzberuf, stützt.
Bei einem positiven Verfahrensausgang stellt die zuständige Stelle ein Zeugnis über die vollständige oder überwiegende Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit im Referenzberuf aus. Dieses kann genutzt werden zur Zulassung
- zur Gesellenprüfung,
- zu Prüfungen der ersten Fortbildungsstufe,
- zur Meisterprüfung in zulassungsfreien Handwerken,
- zur Meisterprüfung in zulassungspflichtigen Handwerken, allerdings nur mit einem weiteren Jahr einschlägiger Berufserfahrung sowie zum
- Erwerb einer Ausbildungsberechtigung in zulassungsfreien Handwerken, wenn zusätzlich die berufs- und arbeitspädagogische Eignung (sog. AEVO-Prüfung) nachgewiesen wird.
Hinweis:
Durch das Anerkennungsverfahren wird kein Berufsabschluss erlangt. Die Feststellung der beruflichen Handlungsfähigkeit begründet keine Lohnansprüche; Vergütung oder Eingruppierung ist allein Sache der Tarifpartner bzw. Betriebe.
Darüber hinaus kann das Validierungsergebnis auch unmittelbar auf dem Arbeitsmarkt und im Bewerbungsverfahren genutzt werden.