Null Toleranz bei Gewalt im Job

Gewalt gegen Beschäftigte ist ein Thema, das seit den jüngsten Silvestergeschehnissen weiter an Bedeutung gewonnen hat. Kassierer, Sicherheitspersonal, Pflege- und Rettungskräfte sind immer häufiger mit aggressivem Verhalten von Kunden, Patienten oder sogar Außenstehenden konfrontiert – eine Gefahr für die physische und psychische Gesundheit der Betroffenen und eine große Herausforderung für Arbeitgeber.

Psychische Belastungen

Die Auswirkungen solcher Übergriffe sind gravierend. Betroffene und auch ihre Kollegen, die Zeugen wurden, leiden häufig unter Angstzuständen, Schlafstörungen oder sogar posttraumatischen Belastungsstörungen. Dies kann zu langfristigen Ausfällen bis hin zur Aufgabe des Berufs führen und stellt Arbeitgeber vor beträchtliche Probleme.

Studien liefern Lösungsansätze

Bereits 2019 wurden in einer ersten weltweiten Studie der International Labour Organization (ILO) Daten zu Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz erhoben. Hierzu wurden 75.000 Menschen aus 121 Ländern zu ihren Erfahrungen befragt. Betroffen machen besonders zwei Erkenntnisse aus dieser Studie:

  • Nur gut die Hälfte der Opfer teilt ihre Erfahrungen von Gewalt und Belästigungen mit ihrem Arbeitgeber: Sie fürchten, nicht ernst genommen zu werden oder sogar negative Folgen zu erleben.
  • Fast jeder fünfte Befragte weltweit – 22,8 Prozent – hat während seines Arbeitslebens schon mindestens eine Form von Gewalt und Belästigung erlebt, sei es physischer, psychischer oder sexueller Art.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine deutschlandweite Untersuchung von forsa im Auftrag der gesetzlichen Unfallversicherung aus dem Dezember 2024. In dieser Studie wurden auch verbale Übergriffe erfasst. In bestimmten Branchen machte mehr als ein Drittel der Beschäftigten negative Erfahrungen damit. Besonders betroffen sind neben dem Gesundheitswesen und der öffentlichen Verwaltung auch die Bereiche Verkehr und Erziehung.

Schutzmaßnahmen für Arbeitnehmer

Fazit der genannten Studien ist aber auch, dass Betriebe gegen Gewalt gegenüber ihren Beschäftigten vorgehen können. Es gibt Strategien und Trainings zum Schutz der Beschäftigten, etwa durch die Schaffung eines öffentlichen Bewusstseins für das Problem. Beide Studien schließen an ihre Befragungen Resolutionen und Kampagnen wie #GewaltAngehen der DGUV an, um deutlich zu machen, dass Gewalt in Betrieben und Einrichtungen nicht toleriert wird.

Schulungen zur Deeskalation geben Beschäftigten Techniken an die Hand, um mit aggressiven Kunden oder Patienten professionell umzugehen. Kassenpersonal kann z. B. lernen, frühzeitig Warnsignale zu erkennen und Konflikte durch gezielte Kommunikation zu entschärfen. Auch Rettungskräfte profitieren von solchen Trainings. Sie stehen in kritischen Situationen oft unter Zeitdruck und müssen trotzdem ruhig und souverän handeln. Im Rahmen solcher Schulungen können auch Notfallpläne entwickelt, Szenarien durchgespielt und sinnvolle Reaktionen auf Gewaltandrohungen eingeübt werden. Berufsgenossenschaften und Unfallkassen unterstützen Arbeitgeber mit Angeboten zur Deeskalation.

Besonders betroffene Betriebe können mit Sicherheitstechnik aufrüsten: Gut sichtbare, aber schwer erreichbare Kameras sollen potenzielle Täter abschrecken. Sicherheitspersonal sorgt dafür, dass aggressives Verhalten gar nicht erst entsteht oder eskaliert. Mit Alarmknöpfen an Theken und Kassen können Mitarbeiter in kritischen Situationen schnell Hilfe holen. Rettungsfahrzeuge, Taxis und Busse können mit Trennscheiben zwischen Fahrer- und Kunden-/Patientenbereich ausgestattet werden.

Entscheidend ist, Gewaltopfern Unterstützung anzubieten, z. B. durch Psychologen und Therapeuten. Im Betrieb fördern Supervisionen und Gesprächsrunden im Team die Verarbeitung belastender Ereignisse.

In den Betrieben ist eine offene Kommunikationskultur das A und O, damit Mitarbeiter Übergriffe oder bedrohliche Situationen melden, ohne Furcht vor Konsequenzen zu haben. Regelmäßige Schulungen und Informationskampagnen schärfen das Bewusstsein für das Thema. Unternehmen sollten klare Leitlinien entwickeln, wie bei Vorfällen zu reagieren ist. Dazu gehört v.a., dass Betroffene ernst genommen und Übergriffe konsequent zur Anzeige gebracht werden. Eine aktive Null-Toleranz-Politik gegenüber Gewalt zeigt nicht nur Wertschätzung und stärkt das Sicherheitsgefühl der Beschäftigten, sondern ist für viele Betriebe inzwischen auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit.