Keine Diskriminierung von Teilzeitkräften

Die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Pflege eines Angehörigen, Weiterbildungswünsche oder Krankheit – Gründe einer Beschäftigung in Teilzeit nachzugehen, gibt es viele. Arbeitgeber haben im Wettbewerb um Fachkräfte die Chance, sich durch attraktive Teilzeitangebote positiv darzustellen.

Voraussetzung dafür ist es allerdings, die rechtlichen Rahmenbedingungen und die aktuelle Rechtsprechung zum Thema Teilzeit im Auge zu behalten. Insbesondere können sich Arbeitgeber nicht „blind“ auf tarifliche Vorschriften verlassen. Grundsätzlich sind Teilzeitbeschäftigte, auch wenn sie nur an sehr wenigen Stunden in der Woche arbeiten, keine Mitarbeiter zweiter Klasse. Sie dürfen nicht anders und schon gar nicht schlechter behandelt werden als Vollzeitbeschäftigte.

Teilzeitbeschäftigte dürfen gegenüber ihren vollzeitbeschäftigten Kollegen nicht allein wegen ihrer geringeren Arbeitszeit schlechter gestellt werden (Diskriminierungsverbot nach § 4 TzBfG – Teilzeit- und Befristungsgesetz). Dies gilt v. a. für das Arbeitsentgelt, geldwerte Leistungen, betriebliche Sozialleistungen, Arbeitsbedingungen, Aufstiegsmöglichkeiten und Fortbildungen.

Definition Teilzeitbeschäftigung

Teilzeitbeschäftigung liegt immer dann vor, wenn die regelmäßige Arbeitszeit eines Arbeitnehmers kürzer ist als die betriebsübliche Vollzeitarbeitszeit. Es ist deshalb möglich, dass Beschäftigte mit 35 Wochenstunden in einem Betrieb Vollzeitkräfte sind und in einem anderen Teilzeitbeschäftigte, wenn dort beispielsweise 40 Wochenstunden üblich sind.

Rechtliche Grundlagen

Das zentrale Regelwerk, in dem Verfahren, Rechte und Pflichten bei Teilzeitarbeit festgelegt sind, ist das Teilzeit- und Befristungsgesetz. In den §§ 1 bis 13 TzBfG ist u. a. festgelegt:

Recht auf Teilzeit:

Arbeitnehmer haben, wenn ihr Arbeitsverhältnis wenigstens sechs Monate besteht, unter überschaubaren Voraussetzungen das Recht, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, ohne dass der Arbeitgeber deshalb das Arbeitsverhältnis kündigen kann. Die Verkürzung ihrer Arbeitszeit müssen Mitarbeiter mit einer Frist von drei Monaten ankündigen. Sofern nicht ausdrücklich etwas anders vereinbart ist, gilt die verringerte Arbeitszeit auf Dauer (§ 8 TzBfG).

Rückkehrrecht:

Anders als bei der Reduzierung der Arbeitszeit haben die Beschäftigten keinen gesetzlich garantierten Anspruch auf Rückkehr zum vorherigen Stundenvolumen (§ 9 TzBfG). Allerdings können die Parteien von vornherein die reduzierte Arbeitszeit befristen oder das Modell der sog. Brückenteilzeit wählen, wenn die betrieblichen Voraussetzungen vorliegen (§ 9a TzBfG).

Vergütung und Zusatzleistungen, Überstunden

Teilzeitbeschäftigte haben Anspruch auf die gleichen Leistungen aus dem Arbeitsverhältnis wie Vollzeitbeschäftigte, anteilig im Verhältnis zu ihrer persönlichen Arbeitszeit. Dieser Grundsatz bezieht sich nicht nur auf allgemeine Leistungen wie die monatliche Vergütung, sondern auch auf Zulagen, Prämien, Umsatzbeteiligungen oder sonstige finanzielle Vergünstigungen. Auch bei betrieblichen Zusatzleistungen wie Sonderzahlungen dürfen Teilzeitbeschäftigte nicht ausgeschlossen oder benachteiligt werden.

Auf tarifliche Regelungen, in denen eine ungleiche Behandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten festgelegt ist, dürfen sich Arbeitgeber nicht verlassen. So musste ein Unternehmen, in dem ein bundesweit gültiger Firmentarifvertrag zur Anwendung kam, erhebliche Zeitguthaben an Teilzeitbeschäftigte erstatten. Der Tarifvertrag enthielt eine – in der Praxis durchaus gängige – Klausel, nach der Überstundenzuschläge vom Arbeitgeber erst dann zu zahlen waren, wenn die monatliche Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten überschritten wurde. Damit mussten Teilzeitkräfte erst das Stundenvolumen einer Vollzeitkraft durch Überstunden erreichen, bevor ihnen Zuschläge gezahlt wurden.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat diese Praxis für unzulässig erklärt (EuGH, Urteil vom 29. Juli 2024, C-184722). Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat diese Rechtsprechung mit dem klaren Hinweis übernommen, dass ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung nicht erkennbar sei (BAG, Urteil vom 5. Dezember 2024, 8 AZR 370/20).

Teilzeitkräfte haben folglich Anspruch auf Zuschläge ab der ersten Überstunde.

Urlaubsanspruch und Arbeitszeit

Der Urlaubsanspruch von Teilzeitbeschäftigten wird im Verhältnis zur vereinbarten Arbeitszeit berechnet. Arbeitet eine Arbeitnehmerin beispielsweise drei Tage in der Woche, hat sie entsprechend weniger Urlaubstage als eine Vollzeitbeschäftigte, die fünf Tage in der Woche arbeitet. Jeder Arbeitstag muss jedoch proportional gleichbehandelt werden, unabhängig davon, ob er von einer Voll- oder einer Teilzeitkraft geleistet wird.

Teilzeitbeschäftigte dürfen zudem bei der Verteilung der Arbeitszeit nicht systematisch benachteiligt werden. Sie dürfen z. B. nicht ausschließlich für unattraktive Schichten oder Randzeiten eingeteilt werden, es sei denn, dies wurde mit ihnen ausdrücklich vereinbart. Eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung kann als unzulässige Diskriminierung angesehen werden.

Mittelbare Diskriminierung

Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine scheinbar neutrale Regelung Teilzeitbeschäftigte faktisch benachteiligt. Solche Fälle sind oft subtil und daher schwer zu erkennen:

  • Karrierechancen: Teilzeitbeschäftigte werden bei Beförderungen systematisch übergangen, weil Führungspositionen grundsätzlich nur in Vollzeit ausgeschrieben werden.
  • Weiterbildung: Schulungen oder Workshops finden außerhalb der Arbeitszeit von Teilzeitkräften statt, sodass ihnen der Zugang erschwert wird.
  • Benachteiligung wegen des Geschlechts: Sind die Teilzeitbeschäftigten sehr überwiegend demselben Geschlecht zugehörig, kann ihre Ungleichbehandlung zusätzlich eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) darstellen.

Was Arbeitgeber tun können:

Arbeitgeber sollten Regelungen und Abläufe im Unternehmen regelmäßig überprüfen und auf mögliche Benachteiligungen hin analysieren. Eine offene Kommunikation und die Einbeziehung von Teilzeitkräften in Planungsprozesse können helfen, Probleme zu vermeiden. Insbesondere die folgenden Handlungsempfehlungen sollten beachtet werden:

  • Klare Regelungen schaffen: Einheitliche Standards für Überstunden, Vergütung und Zusatzleistungen helfen, Missverständnisse zu vermeiden.
  • Schulung der Führungskräfte: Eine regelmäßige Sensibilisierung für den Umgang mit Teilzeitkräften fördert eine faire Behandlung im gesamten Unternehmen.
  • Flexibilität fördern: Flexible Modelle wie Homeoffice oder Gleitzeit können die Integration von Teilzeitkräften erleichtern und den Arbeitgeber attraktiver machen.
  • Prozesse überprüfen: Alle betrieblichen Regelungen müssen den aktuellen gesetzlichen Anforderungen entsprechen.