AGG-Entschädigungsklagen als Geschäftsmodell

Ein Bewerber, der sich gezielt auf nicht geschlechtsneutral ausgeschriebene Stellen bewirbt, um bei einer Ablehnung einen Entschädigungsanspruch wegen Diskriminierung geltend zu machen, handelt rechtsmissbräuchlich und hat demzufolge keinen Anspruch auf eine Entschädigungszahlung.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) wies die Entschädigungsklage eines gelernten Industriekaufmanns ab. Dieser bewarb sich im Januar 2023 bei einem Unternehmen in Dortmund auf eine Stellenausschreibung als „Bürokauffrau/Sekretärin“. Nachdem er bei der Stellenbesetzung nicht berücksichtigt worden war, klagte er auf Zahlung einer Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Er argumentierte, das Unternehmen habe die Stelle nicht geschlechtsneutral ausgeschrieben. Die sich daraus begründende Vermutung, dass die Bewerbung des Klägers wegen seines männlichen Geschlechts nicht berücksichtigt wurde, habe der Arbeitgeber nicht widerlegt. Das BAG ging aufgrund einer Gesamtwürdigung des Falls von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten des Bewerbers aus, welches einen Anspruch auf Entschädigung von vornherein ausschließt. Der Mann hatte sich nicht nur in Dortmund auf eine Stelle als „Sekretärin“ beworben, sondern zuvor auch schon mehrfach auf nicht geschlechtsneutral ausgeschriebene Stellen u. a. in Düsseldorf, Hamburg und Berlin. Auch hatte er bereits mehrere Entschädigungsprozesse geführt und seine Bewerbungen nach Ansicht des BAG sukzessive den Erkenntnissen aus den Prozessen angepasst.

Das Gericht sah in den Klagen ein „Geschäftsmodell“, mit dem der Bewerber Einnahmen zu generieren versuchte. Für das BAG kam es bei seiner Entscheidung somit gar nicht mehr darauf an, ob die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG gegeben waren.

BAG, Urteil vom 19. September 2024, 8 AZR 21/24