Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode

Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode

Die neue Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD hat in ihrem Koalitionsvertrag vom 9. April 2025 ihre Pläne für die kommenden vier Jahre vorgestellt. Sie sind zwar nicht rechtsverbindlich, geben aber Hinweise darauf, welche Neuerungen und Reformen u. a. im Sozialversicherungs-, Steuer- und Arbeitsrecht geplant sind. Für die erforderlichen Gesetzgebungsverfahren lagen bis zum Redaktionsschluss noch keine konkreten zeitlichen Planungen vor.

Vorhaben im Sozialversicherungsrecht

Das Rentenniveau soll bis 2031 bei 48 Prozent festgeschrieben werden. Dies bedeutet, dass das Verhältnis der ausgezahlten Rente zum Durchschnittseinkommen nicht weiter sinkt. Die dadurch bedingten Mehrausgaben sollen aus Steuermitteln gedeckt werden, um die Finanzsituation der Deutschen Rentenversicherung nicht weiter zu belasten.

Die sog. Mütterrente soll auf drei Rentenpunkte pro Kind erweitert werden, und zwar unabhängig vom Geburtsjahr der Kinder. Die Koalitionäre wollen so die Gleichbehandlung aller Mütter sicherstellen. Die Finanzierung soll aus Steuermitteln erfolgen.

Personen, die sich erstmalig selbstständig machen, sollen in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden, um sie vor Altersarmut zu schützen. Dies soll insbesondere für Solo-Selbstständige gelten, sofern sie keinem obligatorischen Alterssicherungssystem zugeordnet sind. Die Versicherungspflicht soll ausgesetzt werden, wenn die Betroffenen ein alternatives Vorsorgemodell gewählt haben.

Ganz neu ist die Idee der sog. Frühstart-Rente. Der Staat soll für jedes Kind vom 6. bis zum 18. Lebensjahr, das eine Bildungseinrichtung in Deutschland besucht, pro Monat 10 EUR in ein individuelles, kapitalgedecktes und privatwirtschaftlich organisiertes Altersvorsorgedepot einzahlen. Der so angesparte Betrag kann anschließend durch private Einzahlungen weiter bespart werden. Die Erträge aus dem Depot sollen bis zum Renteneintritt steuerfrei sein. Das Sparkapital soll vor staatlichem Zugriff geschützt und erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze ausgezahlt werden.

Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, soll sein Gehalt bis zu 2.000 EUR im Monat steuerfrei erhalten. Ob das auch auf die Sozialversicherungsbeiträge übertragen wird, ist noch unklar. Der Nachteil bei einer beitragsfreien Auszahlung läge zum einen in fehlenden Einnahmen für die Sozialversicherung, zum anderen könnte die Rente durch die Weiterarbeit nicht mehr gesteigert werden.

Wenig Konkretes wurde zur Verbesserung und Stärkung der bAV vereinbart. Ihre Verbreitung in kleinen und mittleren Unternehmen soll gefördert und ihre Übertragung bei einem Arbeitgeberwechsel erleichtert werden. Zudem soll die bAV entbürokratisiert und digitalisiert werden.

Das Abgabeverfahren soll vereinfacht, möglicherweise pauschaliert werden. Verstärkt einbezogen werden soll auch die digitale Verwertung von künstlerischen Werken.

Das Friseurgewerbe soll in den Katalog der Branchen nach dem SchwarzArbG aufgenommen werden, sodass hier künftig u. a. die Sofortmeldepflicht gelten wird.

Die kurzfristige Beschäftigung soll beim Einsatz von Saisonarbeitskräften auf 90 Tage ausgeweitet werden.

Es gibt zahlreiche Änderungsideen, die sich aber fast ausschließlich auf den Leistungs- und Vertragssektor beschränken. Eine Senkung des Beitragsniveaus ist nicht erkennbar. Der Vorschlag der zuständigen Arbeitsgruppe in den Koalitionsverhandlungen, gesamtgesellschaftliche und damit versicherungsfremde Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen (insbes. Krankenversicherungsbeiträge für Bürgergeldempfänger) aus dem Steueraufkommen zu übernehmen und zugleich den Bundeszuschuss zu dynamisieren, fand im Koalitionsvertrag keine Berücksichtigung.

Vorhaben im Steuerrecht

Der Solidaritätszuschlag bleibt bestehen. Für Speisen in der Gastronomie soll die Umsatzsteuer ab 2026 dauerhaft von 19 auf 7 Prozent reduziert werden.

  • Für Ausrüstungsinvestitionen will man eine degressive Abschreibung von 30 Prozent in den Jahren 2025, 2026 und 2027 einrichten.
  • Die Körperschaftsteuer soll ab 2028 in fünf Schritten um jeweils einen Prozentpunkt gesenkt werden.
  • Für Elektrofahrzeuge soll eine Sonderabschreibung sowie eine Steuerbefreiung bis zum Jahr 2035 gelten. Die Grenze bei der steuerlichen Förderung von E-Fahrzeugen wird auf voraussichtlich 100.000 EUR Bruttolistenpreis angehoben. Aktuell gilt für Anschaffungen nach dem 31. Dezember 2023 eine Grenze von 70.000 EUR, um von 25 Prozent des Listenpreises als Bemessungsgrundlage für den geldwerten Vorteil einer Firmenwagennutzung ausgehen zu können.
  • Arbeitgeber sollen Arbeitnehmern, die ihre Arbeitszeit aufstocken wollen, eine steuerfreie Teilzeitaufstockungsprämie zahlen können.
  • Vom Arbeitgeber gezahlte Überstundenzuschläge sollen künftig steuerfrei bleiben.
  • Der aktuelle Alleinerziehenden-Entlastungsbetrag von 4.260 EUR wirkt sich im laufenden Jahr über die Steuerklasse II aus. Hier sind noch nicht weiter konkretisierte Anhebungen und Weiterentwicklungen geplant.
  • Die Übungsleiterpauschale soll von 3.000 auf 3.300 EUR und die Ehrenamtspauschale von 840 auf 960 EUR angehoben werden.
  • Die Pendlerpauschale soll ab 2026 dauerhaft auf 0,38 EUR ab dem ersten Kilometer angehoben werden. Damit kann die Lohnsteuer für höhere Fahrtkostenzuschüsse für die Fahrt des Arbeitnehmers zur ersten Tätigkeitsstätte pauschaliert werden.

Vorhaben im Arbeitsrecht

Bei der Einwanderung von ausländischen Fachkräften sollen mehr digitale Prozesse genutzt werden. Hierfür soll eine digitale Agentur für Fachkräfteeinwanderung mit einer zentralen IT-Plattform als einheitliche Ansprechpartnerin für ausländische Fachkräfte geschaffen werden. Darüber hinaus sollen Geflüchtete künftig schneller und nachhaltiger in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden.

Der gesetzliche Mindestlohn soll ggf. auf 15 EUR pro Stunde angehoben werden, sofern die Mindestlohnkommission dies empfiehlt. In der Folge würde sich die Geringfügigkeitsgrenze auf 650 EUR monatlich erhöhen.

Die Tarifbindung soll erhöht werden. Tariflöhne müssten wieder die Regel werden und dürften nicht die Ausnahme bleiben. Die Koalition kündigt in diesem Zusammenhang die Einführung eines Bundestariftreuegesetzes an.

Bei der Arbeitszeit plant die neue Koalition die Einführung einer wöchentlichen anstatt der bisher geltenden täglichen Höchstarbeitszeit – auch und gerade im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Pflicht zur elektronischen Zeiterfassung soll unbürokratisch geregelt werden. Für kleine und mittlere Unternehmen werden dabei angemessene Übergangsregeln vorgesehen. Die Vertrauensarbeitszeit bleibe ohne Zeiterfassung im Einklang mit der EU-Arbeitszeitrichtlinie möglich, heißt es im Koalitionsvertrag. Den Ausnahmekatalog nach § 10 Arbeitszeitgesetz für Sonn- und Feiertagsbeschäftigung will die Koalition um das Bäckereihandwerk erweitern.

Neben der steuerfreien sog. Aktivrente soll eine sachgrundlos befristete Weiterbeschäftigung für Rentner beim bisherigen Arbeitgeber ermöglicht werden, indem das Vorbeschäftigungsverbot für Arbeitnehmer, die die Regelaltersgrenze erreicht haben, aufgehoben wird.

Es sollen bessere Arbeitsbedingungen für körperlich stark belastete Berufsgruppen sowie in der Kurier-, Express- und Paketdienstbranche geschaffen sowie höhere europäische Arbeitsschutzstandards für Berufskraftfahrer erreicht werden.

Die Durchlässigkeit zwischen beruflicher Rehabilitation, Werkstätten für behinderte Menschen, Inklusionsbetrieben und allgemeinem Arbeitsmarkt soll verbessert werden.

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