Schöne neue Arbeitsrechtswelt

Schöne neue Arbeitsrechtswelt

Während die neue Bundesregierung noch überlegt, wie das Arbeitsrecht zukünftig moderner und auch digitaler ausgestaltet werden kann, sind Unternehmen, Arbeitnehmer und oft auch Betriebsräte bereits einen Schritt weiter. Allerdings nicht immer mit dem Segen der Arbeitsgerichte. Wo die moderne Arbeitswelt schon in den Betrieben angekommen ist und wo die Grenzen bestehen, zeigt die nachfolgende Auswahl aktueller Urteile.

Digital Native: Klingt gut – ist aber diskriminierend

Wenn Unternehmen nach technisch versierten Bewerbern Ausschau halten, die über Erfahrungen im Umgang mit digitalen Medien verfügen und nach einem einschlägigen Studium entsprechende Berufserfahrung vorweisen können, sollten sie die Stellenanzeige auch so formulieren. Keine gute Idee ist es dagegen, nach „Digital Natives, die sich in der Welt der Social Media und der datengetriebenen PR zu Hause fühlen“, zu suchen.

Nach Ansicht der Arbeitsrichter bezieht sich der Begriff „Digital Native“ im üblichen Sprachgebrauch ausschließlich auf die jüngere Generation geboren ab 1980, die mit digitalen Technologien aufgewachsen sei. Daher erfülle der Text der Stellenbeschreibung den Tatbestand der Altersdiskriminierung.

Das Unternehmen musste eine Entschädigung von 1,5 Bruttomonatsgehältern an einen abgelehnten Bewerber (Jahrgang 1972) zahlen (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 2024 – 177 Sa 2/24, keine Revision zugelassen).

Entschädigung bei Verstoß gegen DSGVO

Glimpflich ging es für einen Arbeitgeber aus, der einen Werbeflyer in über 70.000 Haushalten verteilt hatte, in dem noch der Name und die Dienst-Telefonnummer einer Mitarbeiterin aufgeführt war, die den Betrieb bereits verlassen und eine Beschäftigung bei einem konkurrierenden Arbeitgeber aufgenommen hatte. Sie fürchtete nun Nachteile bei ihrer neuen Tätigkeit und machte Schadenersatzansprüche aufgrund eines Verstoßes gegen die DSGVO i. H. v. 15.000 EUR geltend. Der frühere Arbeitgeber räumte die Datenpanne ein und korrigierte diese soweit möglich, wurde aber dennoch in erster Instanz zur Zahlung eines Betrages von 3.000 EUR verurteilt.

Das LAG wies hingegen überzeugend darauf hin, dass der gute Ruf der Klägerin durch die Werbung des früheren Arbeitgebers keineswegs beschädigt worden sei und sie im Übrigen auch nicht überzeugend dargelegt habe, worin eigentlich ihre Beeinträchtigung gelegen haben soll. Eine einfache Verärgerung begründe keinen Schadenersatzanspruch, trotz eines Verstoßes gegen die DSGVO (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. August 2024 – 5 SLa 66/24, keine Revision zugelassen).

In der Konsequenz ähnlich lag der Fall eines Arbeitnehmers, der sechs Jahre nach Beschäftigungsende von seinem ehemaligen Arbeitgeber Auskunft über die personenbezogenen Daten verlangte, die noch von ihm gespeichert waren. Die dazu gesetzte Frist ließ der Ex-Arbeitgeber verstreichen und reagierte erst auf eine erneute Aufforderung. Dennoch zog der ehemalige Mitarbeiter vor Gericht und verlangte mit der Begründung Schadenersatz, er fürchte, dass mit seinen Daten nicht sachgerecht umgegangen worden sei.

Das Arbeitsgericht sprach ihm 10.000 EUR Schadenersatz zu. Schon das LAG sah die Sache anders und auch das BAG gab dem beklagten Arbeitgeber mit der Begründung recht, dass die Beweislast für einen erlittenen Schaden beim Kläger liege. Er müsse seine Vermutung für einen Datenmissbrauch konkretisieren, ein bloßes Gefühl reiche für einen Schadenersatzanspruch nicht aus (BAG, Urteil vom 20. Februar 2025 – 8 AZR 61/24).

Datentransfer auf US-Server

Die Einführung eines cloudbasierten Personalmanagementsystems ist jedem Arbeitgeber natürlich gestattet. Kritisch wird es jedoch, wenn personenbezogene Mitarbeiterdaten ohne eindeutige Zustimmung der Mitarbeiter auf Cloudserver in den USA übertragen werden. Der Umfang und weitere Details der Datenübertragung, vor allem welche Mitarbeiterdaten transferiert werden dürfen, können in einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat abgestimmt und verbindlich festgelegt werden.

Hält der Arbeitgeber sich später nicht an die geschlossene Vereinbarung, ist er zu Schadenersatz verpflichtet. Das BAG hat, nach vorheriger Klarstellung durch den EuGH, einem Arbeitnehmer Schadenersatz zugesprochen, nachdem bei einem Softwaretest innerhalb eines Konzerns mehr personenbezogene Daten weitergegeben wurden als zuvor mit dem Betriebsrat abgestimmt. Der Arbeitnehmer forderte nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO immateriellen Schadenersatz i. H. v. 3.000 EUR. Die Erfurter Richter bestätigten, dass die Vorgehensweise hier nicht datenschutzkonform war, und verurteilten den Arbeitgeber zu einem Schadenersatz von 200 EUR (BAG, Urteil vom 8. Mai 2025 – 8 AZR 209/21).

Provisionszahlungen in Kryptowährung

Ein Arbeitgeber vereinbarte mit einer Beschäftigten arbeitsvertraglich neben einem in Euro zahlbaren festen Grundgehalt Provisionszahlungen in der Kryptowährung ETH.

Als die Provisionen fällig wurden, verweigerte der Arbeitgeber die Auszahlung in der Kryptowährung. Er berief sich darauf, dass die vertragliche Vereinbarung rechtswidrig sei, weil § 107 Abs. 1 GewO (Gewerbeordnung) eine Auszahlung in Euro vorschreibe.

Mit dieser Argumentation hatte er letztlich keinen Erfolg, denn das BAG bewertete die vertraglich vereinbarte Provisionszahlung in einer Kryptowährung als Sachbezug. § 107 Abs. 2 GewO lasse die Umwandlung geldwerter Leistungen in einen Sachbezug ausdrücklich zu, wenn diese im Interesse des Arbeitnehmers liegt. Da der Klägerin der Umgang mit Kryptowährungen vertraut war, hatte das BAG keine Bedenken gegen die vereinbarte Vorgehensweise.

Das BAG wies allerdings darauf hin, dass die Umwandlung des Arbeitsentgelts in Sachbezüge in Form einer Kryptowährung nur für den pfändbaren Teil des Arbeitsentgelts zulässig sei – der nicht pfändbare Teil des Gehalts muss grundsätzlich in Euro ausgezahlt werden (BAG, Urteil vom 16. April 2025 – 10 AZR 80/24).

Zum Anfang der Seite springen