Bei einer Berufsausbildung haben beide Seiten, Ausbilder wie Auszubildender, bestimmte Pflichten, aber auch Rechte. Zudem stellen einige rechtliche Vorgaben sicher, dass der Zweck der Ausbildung – der Aufbau beruflicher Kenntnisse bis zum Berufsabschluss – auch erreicht wird.
Vereinfacht gesagt ist ein Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis, jedoch mit dem gravierenden Unterschied, dass nicht der Gelderwerb im Vordergrund steht, sondern die Vermittlung von Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten in einem geordneten Ausbildungsgang. Die rechtliche Grundlage für alle Berufsausbildungsverhältnisse ist das Berufsbildungsgesetz (BBiG) in Verbindung mit der für jeden Berufsweg bestehenden Ausbildungsverordnung. Ohne entsprechende Ausbildungsordnung kann eine Berufsausbildung nicht erfolgen. Das BBiG wurde kurzfristig zu Beginn des Ausbildungsjahres reformiert. So können Teile der Ausbildung künftig auch in digitaler Form absolviert werden.
Ist der Auszubildende noch minderjährig, sind für sein Ausbildungsverhältnis außerdem die Vorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) zu beachten, insbesondere die Beschäftigungsverbote und -beschränkungen.
Das Ausbildungsverhältnis wird vor Beginn der Ausbildung durch einen Berufsausbildungsvertrag zwischen Ausbilder und Auszubildendem geschlossen. Für den Ausbildungsvertrag ist seit 1. August 2024 nicht mehr die Schriftform vorgeschrieben, auch wenn diese nach wie vor zu empfehlen ist.
Ein digital abgeschlossener Ausbildungsvertrag kann nun ebenfalls ein Ausbildungsverhältnis wirksam begründen, § 11 BBiG. Dazu muss der Vertrag in einer ausdruckbaren und auch speicherbaren Fassung, z. B. als PDF-Dokument, übermittelt und sein Empfang bestätigt werden. Zudem müssen beide Seiten den digitalen Ausbildungsvertrag bis zu drei Jahre nach dem Ausbildungsende aufbewahren. Ist der Auszubildende noch nicht volljährig, müssen die Sorgeberechtigten dem Vertragsabschluss zustimmen, ein digitaler Vertrag ist an die Sorgeberechtigten zu übermitteln.
Das 2022 in Kraft getretene Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen hat auch Auswirkungen auf das BBiG. Ausbildungsbetriebe müssen daher aktuelle Vorlagen verwenden.
In den Ausbildungsvertrag, gleich ob in schriftlicher oder digitaler Form, muss in jedem Fall aufgenommen werden:
Der Ausbilder muss einen Ausbildungsplan erstellen. Soweit Teile der Ausbildung digital erfolgen, ist dies im Ausbildungsplan festzulegen. Zudem muss der Ausbilder den Berufsausbildungsvertrag zur Eintragung in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse bei der zuständigen Kammer anmelden, z. B. bei der IHK. Nur wenn dort ein Eintrag vorliegt, wird der Auszubildende zur Zwischen- und Abschlussprüfung zugelassen.
Ausbildungsbetriebe investieren häufig eine Menge in den beruflichen Nachwuchs und haben in Zeiten des Fachkräftemangels ein erhebliches und auch verständliches Interesse, einen Auszubildenden nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss in ein Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Es ist daher verlockend, sich im Kampf um die besten Köpfe schon früh eine weitere Zusammenarbeit vertraglich zu sichern, wie es später bei Arbeitsverhältnissen nicht ungewöhnlich ist.
Allerdings müssen Ausbildungsbetriebe beachten, dass gemäß § 12 Abs. 1 BBiG alle Vereinbarungen unwirksam sind, die den Auszubildenden verpflichten, nach Abschluss seiner Ausbildung befristet oder dauerhaft im Betrieb zu verbleiben. Vertragsklauseln, die den Auszubildenden in seinen Kündigungsmöglichkeiten einschränken oder ihn gar verpflichten, zu einem bestimmten Zeitpunkt anzuzeigen, nach Ausbildungsende den Ausbildungsbetrieb verlassen zu wollen, sind generell nicht wirksam.
Nichtig sind auch vertragliche Vereinbarungen über Entschädigungen oder Vertragsstrafen oder sonstige Vertragsklauseln, die den Auszubildenden finanziell benachteiligen.
Es ist absolut zulässig, allen Auszubildenden eine Übernahmegarantie zu geben, wenn sie eine bestimmte Abschlussnote erreichen, oder eine Prämie für die Unterzeichnung eines anschließenden Arbeitsvertrages auszuloben.
Mit dem Abschluss des Ausbildungsvertrages ergeben sich für beide Seiten besondere Verpflichtungen. Vereinfacht gesagt, darf der Ausbilder den Auszubildenden nicht als „billige Arbeitskraft“ ansehen und einsetzen, sondern muss eine ordnungsgemäße Berufsausbildung ermöglichen. Der Auszubildende seinerseits muss alles tun, was ihm möglich ist, um einen erfolgreichen Ausbildungsabschluss zu erreichen. Dazu hat er die Weisungen und Vorgaben des Ausbilders zu befolgen.
Im Einzelnen muss der Ausbilder dem Auszubildenden während der Ausbildungszeit alle praktischen und theoretischen Inhalte vermitteln, die für das Erreichen des Ausbildungsziels nach der jeweiligen Ausbildungsordnung erforderlich sind. Dazu werden sich Ausbildungsbetriebe auf digitale Ausbildungs- und Prüfungsformen einstellen müssen. Weiterhin ist eine eventuell erforderliche Unterstützung bei der Überwindung von sprachlichen Barrieren anzubieten, denn die Berufsausbildung ist so durchzuführen, dass das Ausbildungsziel in der vorgesehenen Ausbildungszeit erreicht werden kann. Die Ausbildung muss von einer persönlich und fachlich geeigneten Person übernommen werden, deren Ausbildungsberechtigung in aller Regel von der zuständigen Kammer bestätigt sein muss. Diese Person muss während der Ausbildung für Fragen und sonstige Angelegenheiten der Auszubildenden ansprechbar sein.
Der Ausbildende muss den Auszubildenden bei fortlaufender Vergütung zum Besuch der Berufsschule und natürlich auch zu den Prüfungen von der praktischen Arbeit freistellen, § 15 BBiG. Während der Ausbildungszeit soll der Auszubildende dazu angehalten werden, Berichtshefte und Ausbildungsnachweise ordnungsgemäß zu führen, was vom Ausbilder regelmäßig zu überprüfen ist. Diese Nachweise können auch in elektronischer Form erfolgen, § 13 Absatz 1 Nummer 7 BBiG.
Im praktischen Teil unterliegt der Auszubildende zwar dem Weisungsrecht des Ausbilders und hat sich auch in den Betrieb zu integrieren. Früher übliche Anordnungen, freitags den Hof zu fegen oder Besorgungen für den Chef zu erledigen, sollten jedoch der Vergangenheit angehören. Auszubildenden dürfen nur Tätigkeiten und Aufgaben übertragen werden, die dem Ausbildungszweck dienen, ohne die individuellen körperlichen Fähigkeiten zu übersteigen. Generell gilt, dass Auszubildende durch die Ausbildung nicht körperlich gefährdet werden dürfen.
Ausbildungsbetriebe müssen dem Auszubildenden alle zum erfolgreichen Verlauf der Ausbildung benötigten Arbeitsmittel, Werkzeuge, Materialien usw. kostenlos zur Verfügung stellen, ebenso Arbeitskleidung, Sicherheits-/Schutzausrüstung usw. Sofern ein Teil der Ausbildung in digitaler oder elektronischer Form erfolgt, ist dem Auszubildenden die dafür zusätzlich erforderliche Hard- und Software kostenlos vom Ausbildungsbetrieb zur Verfügung zu stellen, § 14 Absatz 1 Nummer 3 BBiG.
Grundsätzlich ist die Höhe der Ausbildungsvergütung, sofern keine tarifvertragliche Regelung besteht, frei verhandelbar. Allerdings sind in § 17 BBiG Untergrenzen für eine angemessene Vergütung Auszubildender festgelegt, die kein Ausbildungsbetrieb unterschreiten darf (Ausnahme: tarifvertragliche Vergütungsregelungen).
Die Mindestvergütung für Ausbildungsverhältnisse, die im Zeitraum vom 1. Januar 2024 bis 31. Dezember 2024 beginnen, beträgt 649 EUR monatlich im ersten Ausbildungsjahr und steigt dann auf 766 EUR monatlich im zweiten und 876 EUR im dritten Ausbildungsjahr.
Um junge Menschen davon zu überzeugen, eine Ausbildung aufzunehmen, müssen Ausbildungsbetriebe sich etwas einfallen lassen. Dazu kann z. B. angeboten werden, einen Ausbildungsabschnitt auf Firmenkosten im Ausland zu verbringen. Aber auch materielle Anreize, z. B. steuer- und abgabenfreie Sachbezüge (Freigrenze von 50 EUR im Monat), können gesetzt werden.
Viele Betriebe werben zudem mit der kostenfreien Überlassung eines Handys oder Tablets zur privaten Nutzung, was zumindest dann steuerlich zulässig ist, wenn das Gerät im Firmeneigentum verbleibt und am Ende der Ausbildung wieder zurückgegeben wird.
Zudem kann der Arbeitgeber auch Fahrtkosten, Deutschlandticket usw. sowie die Kosten von Job-Bikes übernehmen, was dann sehr attraktiv ist, wenn das so geleaste Rad am Ende der Ausbildung für einen symbolischen Preis erworben werden kann.
Nach Ablauf der vereinbarten Probezeit können beide Seiten, Ausbilder wie Auszubildender, das Ausbildungsverhältnis nicht mehr fristgerecht, sondern ausschließlich fristlos und schriftlich kündigen. Voraussetzung dafür ist ein so wichtiger Grund, dass es dem Kündigenden unmöglich oder unzumutbar ist, das Ausbildungsverhältnis fortzusetzen.
Kündigungsgründe für den Ausbilder können
In der Regel muss der Auszubildende vor Ausspruch einer Kündigung mindestens einmal abgemahnt werden. Das gilt insbesondere bei einem Fernbleiben vom Berufsschulunterricht, worin die Arbeitsgerichte in aller Regel selbst bei erheblichen Fehlzeiten keinen sofortigen Kündigungsgrund sehen.
Häufig sehen Ausbildungsordnungen vor, dass vor Ausspruch einer Kündigung verpflichtend ein Schlichtungsverfahren durchgeführt werden muss. In diesem Fall darf eine Kündigung nur erfolgen, wenn der Schlichtungsversuch erfolglos geblieben ist.
Der Auszubildende kann seinerseits fristlos kündigen, bei
Wichtig und in der Praxis zu beachten ist zudem ein gesetzlich garantiertes Sonderkündigungsrecht: Sofern der Auszubildende seine Berufsausbildung entweder ganz aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen möchte, hat er das Recht (§ 22 Abs. 2 BBiG), sein Ausbildungsverhältnis mit einer vierwöchigen Frist ordentlich und schriftlich zu kündigen. Täuscht er aber den Kündigungsgrund vor, indem er z. B. seine Berufsausbildung nicht beendet, sondern in einem anderen Betrieb übergangslos fortsetzt, hat der Ausbildungsbetrieb die Möglichkeit, Schadenersatzansprüche geltend zu machen.