Eine tarifvertragliche Regelung, wonach Mehrarbeitszuschläge unabhängig von der individuellen Arbeitszeit ab der 41. Wochenstunde zu zahlen sind, verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Eine Regelung in einem Tarifvertrag, wonach den Beschäftigten Zuschläge für Mehrarbeit ab der 41. Wochenstunde gezahlt werden, ohne dass die jeweils individuelle Arbeitszeit berücksichtigt wird, verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigte. Das geht aus einem neuen Urteil des Bundesarbeitsgerichts hervor (BAG, Urteil vom 26.11.2025, 5 AZR 118/23).
Die Benachteiligung könne für die Vergangenheit nur dadurch beseitigt werden, dass die Grenze für die Gewährung von Mehrarbeitszuschlägen bei Teilzeitbeschäftigten im Verhältnis ihrer individuellen Wochenarbeitszeit zur Wochenarbeitszeit Vollzeitbeschäftigter abgesenkt werde, so das BAG. Weiter entschied das Gericht: Teilzeitbeschäftigten steht unter dieser Voraussetzung ein Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge zu, ohne dass den Tarifvertragsparteien zuvor die Möglichkeit zur Korrektur ihrer diskriminierenden Regelung einzuräumen ist.
In dem Rechtsstreit ging es um eine Regelung im Manteltarifvertrag für Beschäftigte im bayerischen Groß- und Außenhandel. Der Manteltarifvertrag sieht für Vollzeitbeschäftigte eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 37,5 Stunden vor. Er enthält außerdem eine Regelung, wonach bis einschließlich der 40. Wochenstunde kein Mehrarbeitszuschlag zu zahlen ist und ab der 41. Wochenstunde 25 Prozent zusätzlich zu vergüten sind. Ein Mitarbeiter, der in Teilzeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30,8 Stunden beschäftigt ist, fühlte sich durch die tarifliche Regelung gegenüber Vollzeitbeschäftigten benachteiligt. Er berief sich auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz, wonach einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer das Entgelt mindestens in dem Umfang zu gewähren ist, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Daraus leitete der Mitarbeiter ab, er könne einen Mehrarbeitszuschlag beanspruchen, sobald er seine vertragliche Wochenarbeitszeit von 30,8 Stunden um 1,2 Stunden überschreite.
Nachdem Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten, bekam der Mann vor dem BAG Recht. Durch die Regelung, die für Teilzeitbeschäftigte keine – der vertraglichen Arbeitszeit entsprechende – anteilige Absenkung der Grenze für die Gewährung eines Mehrarbeitszuschlags vorsieht, würden Teilzeitbeschäftigte benachteiligt. Die Regelung sei insoweit nichtig. Ein sachlicher Grund für die Benachteiligung sei nicht gegeben, befand das BAG. Die Zuschlagsregelung lasse sich nicht damit rechtfertigen, dass eine wöchentliche Arbeitszeit von mehr als 40 Stunden zu einer besonderen Belastung führt und daher im Interesse des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer vermieden werden soll. Diese Betrachtung trägt den Belastungen, mit denen die Mehrarbeit auch bei Teilzeitarbeitnehmern typischerweise verbunden ist, nach Auffassung des BAG nicht hinreichend Rechnung. Gemäß dem Urteil steht Teilzeitbeschäftigten deshalb der tarifvertragliche Mehrarbeitszuschlag zu, wenn sie ihre individuelle wöchentliche Arbeitszeit proportional zur tariflichen Zuschlagsgrenze für Vollzeitbeschäftigte überschreiten.